für die Nase
Die Schule ist auf einem Hang errichtet, der vom tiefsten Punkt an der Straße bis hinauf zum Kinderspielplatz ein Gefälle von 20 Metern hat. Für den Innenausbau wurde die Weißtanne verwendet.
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Im Spectrum vom 11.10.2003 schreibt
Liesbeth Waechter-Böhm über die Volksschule Doren: Moderne, zeitgenössische Architektur
mitten in eine traditionelle Dorfstruktur zu setzen ist ein Problem. Oft eine
Frage des Maßstabs, immer eine Frage des architektonischen Ausdrucks. In der
kleinen Gemeinde Doren (1000 Einwohner) im Vorderen Bregenzerwald lässt sich dieses
Thema wieder einmal studieren: am Beispiel einer Volksschule mit Kindergarten
und Turnhalle, die, von "Cukrowicz.Nachbaur Architekten" geplant, im "Herzen"
des Dorfes, gleich neben Kirche und Friedhof, realisiert wurde. Man muss vielleicht vorweg sagen, dass
das landschaftliche Umfeld einfach spektakulär ist. Die Schule ist auf einem
Hang errichtet, der vom tiefsten Punkt an der Straße bis hinauf zum
Kinderspielplatz immerhin ein Gefälle von 20 Metern hat. Aber wenn man da oben,
sozusagen auf dem höchsten Punkt des Schulgeländes, nur ein paar Schritte
weitergeht, übrigens vorbei an Roland Gnaigers Kinderspielhaus, dann kommt da
ein Wasserfall von den Bergen herunter, und man steht wirklich vor einem
beeindruckend malerischen "Natur-Bild". Noch viel eindrucksvoller ist aber der
Fernblick: An schönen Tagen sieht man da fünf Bergrücken hintereinander
gestaffelt! Den Architekten war das natürlich
bewusst. Es wird einem sofort klar, wenn man durch ihr Gebäude geht. Die
geschoßweise unterschiedliche Orientierung hat auch mit diesem Fernblick zu
tun: Man steht immer wieder vor einem anderen durch die Öffnungen in der
Fassade quasi gerahmten Landschaftsbild. Aber das ist gewissermaßen nur ein
angenehmer Nebenaspekt des Entwurfs von "Cukrowicz.Nachbaur Architekten". Was
wirklich wichtig dabei ist, was auch über diesen speziellen Bau hinausweist,
das ist einerseits die Frage des Umgangs mit der Kubatur, das ist andererseits
die Art und Weise des Innenausbaus. Man muss sich vorstellen, dass der
Bauplatz ziemlich klein ist. Es stand dort eine Volksschule, die aber in so schlechtem
Zustand war, dass sie auf jeden Fall abgerissen werden musste. Schwierig war
allerdings das Programm: Turnhalle, Kindergarten, Räume für die Lehrer,
Mehrzweckraum, vier Klassenzimmer, zwei Werkräume - das ist nicht ganz leicht
unterzubringen, wenn man kaum Platz hat. Das Kinderhaus von Roland Gnaiger
wurde daher auch für den Abbruch freigegeben. "Cukrowicz.Nachbaur Architekten"
haben von dieser Möglichkeit - man möchte sagen "natürlich", denn es handelt
sich um eine architektonische Ehrensache unter Kollegen - keinen Gebrauch
gemacht. Sie haben vielmehr ein unheimlich kompaktes Gebäude entwickelt, das
all die unterschiedlichen Funktionen auf fünf Geschoßen - im Dorf an sich eine
unmögliche Gebäudehöhe - unterbringt, aber mit so viel Geschick, auch unter Ausnutzung
der Hanglage, dass selbst vom tiefsten Punkt an der Straße nur vier Geschoße
sichtbar sind. Die Architekten haben da wirklich etwas
geleistet. Denn sie haben die Vorarlberger Schulbauverordnung in zweierlei
Hinsicht unterlaufen. Erstens haben sie - und das ist insofern überraschend,
als es wirklich positiv verbucht werden muss - die Raumhöhen um zehn Prozent reduziert,
also von 3,20 Metern auf 2,90. Und zweitens haben sie durchgesetzt, dass zum ersten
Mal in Österreich in einer Schule unbehandelte Oberflächen - Holzoberflächen
aus Weißtanne, auf dem Boden sogar sägerau - zugelassen wurden. Zunächst zur Raumhöhe: Die Reduktion hat
natürlich maßgeblich dazu beigetragen, dass der Baukörper so minimiert ist. Sie
wurde allerdings nur möglich, weil die Architekten eine kontrollierte Be- und
Entlüftung vorgeschlagen haben. Die bisherige, eigentlich zwingend vorgeschriebene
Raumhöhe basiert auf der Voraussetzung einer Fensterlüftung. Heute gibt es dazu
Alternativen. Und wenn man die in ihren Auswirkungen durchdenkt, dann stellt
sich die Einsicht ein, dass man diese Raumhöhen gar nicht braucht. Volksschüler
sind klein, und die Lehrer sind auch nicht so groß, dass sie über drei Meter
hohe Räume zwingend brauchen würden. Für den Bau - und sein Verhältnis zur
Umgebung - hat diese Maßnahme wirklich etwas gebracht. Ich frage mich, ob es in
der Bundeshauptstadt auch so einsichtige Behörden und Bauherrn gibt. Und dann dieser Innenausbau mit der
Weißtanne! Die unbehandelten Oberflächen! Das ist ja die reinste
Geruchsarchitektur! In diesen Räumen gibt es einen Duft, nicht aufdringlich,
aber so wohltuend - die Kinder sind zu beneiden. Und man glaubt es nicht: Die
Böden sind derartig sauber - die Architekten sagen, sie sind selbstreinigend -,
dass man sich kaum vorstellen kann, dass die Schule längst in Betrieb ist. Übrigens sind die Klassen ganz besonders
schön: Die Kinder sitzen an Einzeltischen eines Schweizer Herstellers, die mit
einem Handgriff höhenverstellbar und auch in der Tischplattenneigung
verstellbar sind. Das ist natürlich viel teurer als ein herkömmliches Programm.
Aber es ist halt auch viel besser. Und der Schuldirektor, der Bürgermeister,
alle, die bei diesem Bau mitzureden hatten, haben eingesehen, dass damit etwas
gewonnen ist: Wohlbefinden. Gerade für die Kleinsten. Ich glaube nicht, dass man im Osten
Österreichs derzeit ein solches Projekt - in dieser Qualität - umsetzen könnte.
Vorarlberg ist wirklich, es gibt keinen Zweifel, ein gesegnetes Architektur-Land. Quelle nextroom |
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