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LEADER+ Projekt Weisstanne


Anlässlich des Europäischen Erfahrungsaustausches der Regionen präsentiert Franz Rüf als Koordinator das grenzüberschreitende Projekt "Weißtanne".

Hier die Übersetzung seines Vortrages.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich begrüße sie recht herzlich im Land der Weißtanne!

In meiner Präsentation will ich von dem grenzüberschreitenden LEADER+ Projekt "Weisstanne" berichten. Das Projekt ist ein Beispiel für die In-Kultur-Nahme einer regionalen Ressource mit dem Ziel die Kulturlandschaft zu erhalten und die Beschäftigung zu steigern. Ich bin überzeugt, dass in Ihrer Region zwar nicht die Weißtanne jedoch andere versteckte Stärken zu finden sind und hoffe mit dem Projektbeispiel ein paar Anregungen geben zu können. Meine Kolleginnen Frau Grzesik aus dem Nordschwarzwald und der Kollege Rolf Eberhardt aus dem Westallgäu sind ebenfalls mit mir und werden im Anschluss an meine Ausführungen von den Aktivitäten aus Nordschwarzwald und aus dem Westallgäu berichten.

Nun, zum Anlass des Projektes:

Vorarlberg ist ein Gebiet wo eine ganz bestimmte Baumart einen sehr hohen Baumbestand hat. Es handelt sich um die Weißtanne. In unseren Mischwäldern gibt es vorwiegend die Fichte und an zweiter Stelle die Weißtanne, die auch einfach Tanne genannt wird. Die Tanne ist Europaweit betrachtet eine sehr seltene Baumart und ist, sollte sie vom Menschen nicht bewirtschaftet werden, vom Aussterben bedroht.  Nicht zuletzt deshalb wurde die Tanne auch zum Baum des Jahres 2004 gewählt.

Von den gesamten Wäldern in Europa hat die Tanne nur einen Anteil von 0, 2 %,  in Österreich von 3-4 % und bei uns in den nördlichen Staulagen sind die Wälder zwischen 50 - 80% mit der Weißtanne bestockt. Es ist kaum zu glauben, aber wahr: die Nachfrage nach Weißtannenholz ging in den Vergangenen Jahrzehnten ständig zurück. Die Verarbeiter verlernten zunehmend den Umgang mit dem regionalen Holz, immer größere Mengen an Fichten und Lerchenhölzer wurden aus den Skandinavischen, den Ostländern  und Kanada zur Verarbeitung in unsere Betriebe geliefert. Und so kommt es, dass trotz steigender Holzverarbeitung die Verwaldung unserer Landschaft voranschreitet. Der Holzzuwachs in unseren Wäldern ist derzeit um 30% größer als die Nutzung.

Ähnliches gilt für die umliegenden Länder wie Nordtirol, Teile der Schweiz, Westallgäu, sowie Nord-Schwarzwald. So lag es irgendwo nahe, dass wir uns gemeinsam an die Sache ran gemacht haben. In der Projektentstehung haben uns die LEADER-Netzwerke Deutschland und Österreich geholfen. Sie haben in Friedrichshafen eine Kooperationsbörse veranstaltet und uns gegenseitig näher gebracht.

Nun wo liegen die Ursachen dieser Entwicklung?

Warum geht die Nutzung des heimischen Holzes zurück, wo doch gleichzeitig die Holzverarbeitung ansteigt?
Sind es Qualitätsgründe oder tatsächlich der erzielbare Preis?
Wenn wir den Fragen nachgehen dann stellen wir folgende Dinge fest:

  1. Die Tanne liefert ein Holz mit hervorragenden Eigenschaften
  2. Die Tanne ist ein Familienbaum, die Jungtanne wächst im Schatten der Muttertanne auf und verharrt im Wuchs solange bis die Muttertanne stirbt oder entnommen wird. Der gesunde Wald in unserer Region erfordert für die nachhaltige Pflege die Einzel-Tannen-Bewirtschaftung. Also die Muttertanne wird entnommen, dann können in der Umgebung die Jungen in die nächste Wachstumsphase übergehen. In der Fachsprache wird dies "Plenter-Wald" genannt. Es handelt sich um Wälder die keine Flächenbewirtschaftung zulassen. In früheren Generationen wurde in unserer Region mit Hilfe der Pferde schonende Forstarbeit betrieben. Mit zunehmender Technisierung und der Senkung der Transportkosten geriet die heimische Forstwirtschaft unter Preisdruck
  3. Die Weißtanne wird wegen ihrer beeindruckenden Größe auch als Königin der Bäume bezeichnet. Das Handling und die erste Bearbeitungsstufe ist wegen der dicken Stämme etwas schwieriger als die vergleichsweise dünneren und leichteren Zuchtstämme der Fichte.
  4. Das Holz der Weißtanne bevorzugt eine vorgelagerte Lufttrocknung und kann in der Trockenkammer nicht so schnell heruntergetrocknet werden wie das Fichtenholz.


Also wie sie sehen, es gibt gute Gründe, warum das Holz der Weißtanne aus Sicht der Verarbeitung an Nachfrage verloren hat. Damit verbunden ist die geringere forstliche Nutzung, das Schwinden der Kenntnisse bei der Verarbeitung, die fehlende Nachfrage nach technischen Anlagen zur besseren Verarbeitung der bestimmten Holzart, ich denke hier an Säge- und Trocknungsanlagen,  Schnittwerkzeuge, Verbindungstechniken usw..

Es geht Know-how verloren. Auch an den Schulen bekommen die Architekten von der Holzart kaum noch was mit. So ist erklärlich warum nur wenige Planer den Unterschied der Hölzer erkennen. Die Ausschreibungstexte beinhalten Fichtenholz, werden einfach kopiert und so geht eine Holzart in Vergessenheit. Diese Entwicklung wird durch die immer billiger werdenden Transportkosten, die steigende Globalisierung beschleunigt. Es wird für die Verarbeiter immer leichter und günstiger, Holz aus weit entfernten Ländern einzukaufen und sich das Schnittholz Just in Time anliefern zu lassen.

Sie sehen, das Zusammenspiel vieler Umstände macht es möglich, dass eine lokal bedeutende Wertschöpfungskette zu verschwinden droht und die Zerstörung des über Generationen von Menschen gepflegten Kulturwaldes beginnt. Nun, der Schreckensmeldungen genug, wenden wir uns lieber den Chancen zu! Eine seltene Holzart mit hohen qualitativen Eigenschaften vor der eigenen Haustüre in ausreichender Menge zu haben ist eigentlich wie ein Geschenk! Oder etwa nicht? - Bei einer derartigen Situation müsste das Herz eines jeden Marketingfachmannes höher schlagen.

Für uns war klar dass es höchst an der Zeit ist, diese besondere heimische Holzart neu zu kultivieren. Kultivieren im Sinne "wieder in das Bewusstsein der Bevölkerung und der Planer zu rücken". An der Stelle ist anzumerken, dass der Konsument bislang gar nicht gefragt wurde, die Misere ist nur von den Verarbeitern ausgegangen, die einen Preiskampf, statt Marketingarbeit geleistet und Diversifizierung betrieben haben. Nun was haben wir im Projekt für die In-Kultur-Nahme getan und was haben wir in den letzten Jahren durch diese Arbeit erreicht?

Die am Projekt beteiligten Regionen haben sich als erstes in den Aktionen abgestimmt und eine gemeinsame Strategie in der Öffentlichkeitsarbeit erarbeitet. Ein sichtbares Ergebnis ist die gemeinsame Broschüre. Die Broschüre liegt auf ihren Tischen auf. Sie können beim schnellen durchlesen erkennen, dass wir einerseits über die besondere Baumart informieren, vor allem aber die guten Anwendungsbeispiele zeigen.

Wir wollen mit der Broschüre die Nachfrage intensivieren und auf das Kulturgut der Weißtanne hin sensibilisieren. Wir in Vorarlberg haben im Rahmen des Projektes Weißtanne, Möbel kreiert und durch das Design die Botschaft hinausgetragen: "Das Holz ist sehr rar und viel zu Schade um es in Massen zu verbrauchen". Mit dieser Botschaft sollte die Wertigkeit der speziellen Holzart angesprochen werden.

Wir haben Produktentwicklungen durch überbetriebliche Workshops unterstützt, Designvorschläge kommuniziert und an öffentliche Bauträger appelliert: verstärkt Holz aus den regionalen Wäldern einzusetzen um dadurch den eigenen Kulturwald oder Schutzwald zu pflegen. Wir haben das Tannenland kreiert und bieten Bauherrn den organisierten Besuch von Vorzeigebeispielen an.

Was ist daraus entstanden?

Zunehmend haben wir Architektenpartner gefunden, die diese Holzart als zentrale Gestaltung verwendet haben. Wir haben zunehmend Kommunen gefunden, die in ihren öffentlichen Bauten diese Holzart in die Ausschreibung aufgenommen haben und so war es möglich, eine Reihe von Bauten, die wir im Anschluss besichtigen werden, zu realisieren. Sie werden von der hervorragenden Holzqualität überzeugt sein. In den letzten drei Jahren ist es zum Standart bzw. zur Kultur geworden, dass das heimische Holz und speziell die Weißtanne von den Planern gefordert und in den Ausschreibungstexten wieder enthalten ist. Auswirkungen auf steigende Preise und auf den regionalen Holzeinschlag können wir erst seit kurzer Zeit registrieren.

Wir gehen davon aus, dass wir den Holzeinschlag von Weißtanne in den kommenden Jahren um 25 - 30 % steigern können, damit sollte es uns gelingen in der Verarbeitungskette ca. 100 Arbeitsplätze mehr zu schaffen. Die Verstärkte Verarbeitung der Weißtanne wird auch Investitionen in die Verarbeitungsanlagen mit sich ziehen.

Das Projekt Weißtanne hatte ausschließlich Moderations- und Öffentlichkeitsarbeit zum Inhalt. Dazu wurden Euro 40.000.- an öffentlichen Mitteln von der EU, Bund und Land und weitere Euro 20.000.- aus privater Beteiligung in Anspruch genommen.

Ohne das LEADER+ Programm wäre die Initiative nicht möglich gewesen. Was unsere Nachbarregionen gemacht haben, dazu übergebe ich das Wort an Frau Dajana Grzesik und an Herrn Rolf Eberhardt

Beitrag Grzesik
Beitrag Eberhardt


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