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Kirche St. Leonard


Im Bregenzerwälder Reiseführer schreibt Helmut Swozelik über die Pfarrkirche St. Leonhard:

Die Meister der Auer Zunft wirkten in der Gestaltung der Auer Pfarrkirche mit. Allerdings fehlten hier die finanziellen Mittel für einen Prunkbau, der ja auch gar nicht recht zum Ort passen würde. Die Auer Kirche ist im Kern gotisch, 1788 wurde sie vergrößert und brockisiert. Von 1981 bis 1983 dann restauriert. Sehenswert sind die geschnitzte Kanzel aus dem 18. Jahrhundert und die Steinmeztarbeiten beim linken Seitenaltar von 1652 aus dem Auer Marmor. Die Kirchentüre trägt ein Vorarlberger Wappen und hörenswert ist die Orgel, sie galt schon immer als besonders klangschönes Instrument.

Helmut Swozilek, Katholische Pfarrkirche St. Leonhard. Au/Bregenzerwald, Schnell, Kunstführer Nr. 1828, München, Zürich 1990

Bis ins späte 13. Jahrhundert war das Gebiet von Au, Schoppernau und Mellau Wald-, Vorsäß- und Alpland. Dann wurde auch diese Gegend besiedelt. Die   Anfänge   der   kirchlichen   Entwicklung   des Bregenzerwaldes sind unmittelbar mit dem Kloster Mehrerau in Bregenz verbunden. Dieses besaß in Andelsbuch die älteste Pfarr- und Mutterkirche im Innerwald.

Um 1284 trennte sich Ellenbogen (Reuthe) von Andelsbuch und wurde Mutterkirche von Au (Jagdhausen). Der heutige Zustand der Pfarrkirche geht im Wesentlichen auf einen Umbau in den Jahren 1776 bis 1789 zurück. Damals erhielt die in ihrem Kern gotische Kirche eine letzte

Erweiterung und wurde entsprechend dem Zeitgeschmack barockisiert. Nur der Grundriss und die Spitzbogenfenster des eingezogenen Altarraumes  erinnern  noch  an  den  Vorgängerbau.

St. Leonhard steht wirkungsvoll  auf  einer Terrasse an einer Biegung der Bregenzerach. Die  Pfarrkirche ist ein lang gestreckter Bau mit Satteldach  und  einem niederen  3/8-Chor.  Der Nordturm ist mit einem Giebelspitzhelm versehen. An  den Turm schließt östlich ein Sakristeianbau mit Pultdach an. Der Innenraum ist ein lichter Saal mit Flach Bogenfenstern und einem flachen Stichkappengewölbe. Wände und Decken sind reich mit Fresken und Ölbildern ausgestattet. Ganz besonders  zeichnet der qualitätvolle weiß-goldene Rokoko-Stuck (1778 fr.) des Auers Johann Jakob Rüf die Pfarrkirche aus.

Die Auer Pfarrkirche birgt viele nennenswerte Werke aus verschiedenen Epochen, umso bemerkenswerter ist es, dass sie ihren barocken Charakter so gut erhalten hat.

Dem barocken Freskenbestand zuzuordnen ist das Vierpass Deckenbild des Presbyteriums mit dem Tempelgang Joachims und Annas, das von Joseph Jakob Spieler aus Lindenberg i.A.

um 1780 angefertigt wurde, sowie die Darstellungen der H1. Kathafina von Siena und der H1. Scholastika mit Kreuzstab, Regelbuch und Taube an den Wänden des Altarraumes.

Auch  die  Kreuzwegstationen  stammen  aus  dem  18. Jahrhundert. Sie wurden 1736 angebracht. Aufmerksamkeit verdient vor allem die fünfte Station: Simon von Cyrene, der

Jesus  das  Kreuz  tragen  hilft,   erscheint  in   einer zeitgenössischen, alpenländischen Tracht mit Kniebundhose, breitem Gurt und einer weißen Kurzjacke mit roten Ärmeln, wie sie auch im Bregenzerwald getragen wurde.

Die drei Medaillons der Emporenbrüstung stammen von Johann Kärle aus dem Lechtal und zeigen die H1. Cäcilia mit Orgel flankiert von Harfespielenden Engeln. Die Darstellungen wurden 1886 angebracht.

Von  der  gemalten  Ausstattung  stechen  vor  allem  die barockisierenden Deckenbilder von Waldemar Kolmsperger jun. (1923) in der Mittelachse des Schiffes hervor. Das beherrschende Mittelbild zeigt die ,Vorarlbergia sancta": Über der Auer Landschaft erscheinen im geöffneten Himmel um den thronenden Christus die Landes-, Kirchen- und im Mittelpunkt sind die Patrone der Auer Pfarrkirche, der Bauernheilige St. Leonhard mit dem Pferd und die H1. Katharina mit dem Rad, zu sehen, auf dem linken Wolkenberg die seligen Geschwister Merbod, Diedo und Ilga (in Bregenzerwäldertracht).

Engel mit dem Bregenzerwälder Tannenwappen und dem Vorarlberger Landeswappen erscheinen kompositionell als Bindeglied zwischen Himmel und Erde. Das östliche Deckenbild im Schiff zeigt die Geburt, das westliche über der Orgelempore die Grablegung Christi. In beiden Fällen dient ein vertrauter Landschaftstyp (Tannen, Felsen)  der  Hereinholung  des  Geschehens  in  unsere Wirklichkeit. (vgl. Pfarrkirche von Damüls: Hirte mit Alphorn) Von   Kolmsperger   stammen   auch   die   restlichen Deckenmedaillons des Schiff es; auf der Frauenseite von Osten nach Westen ein Schutzengel, die hl. Agnes mit Lamm und Elisabeth von Thüringen, auf der Männerseite Hermann Joseph, der H1. Aloisius und der HI. Isidor.

Zwischen   1923   und   1928  entstanden  die   großen Leinwandbilder des Schiffes, die von Martin von Feuerstein und seinem Schüler Karl Wurm angefertigt wurden. Vorne rechts beginnend und im Uhrzeigersinn fortlaufend sind dargestellt das Letzte Abendmahl (Feuerstein), die H1. Familie (Wurm), die Vermählung Josephs mit Maria (Feuerstein),

Maria als Kind bei Joachim und Anna (Feuerstein), Jesus im Tempel (Feuerstein) und Jesus als Kinderfreund (Wurm). All diese Szenen zeigen den Realismus der religiösen Kunst des 19. Jahrhunderts, wie er vor allem von den Nazarenern geschätzt wurde.

Feuerstein  war  der  Sohn  eines  ausgewanderten  Auer Bildschnitzers und wurde im Elsas geboren. Er war Professor für religiöse  Malerei  an  der Kunstakademie  München.

Feuerstein fühlte  sich  stets  zur  Heimat  seines  Vaters hingezogen. So bedachte er auch die Auer Kirche mit der Schenkung der von ihm gemalten quadratischen Ölbilder links und rechts des Hochaltares (Aufnahme Mariens in den Himmel und Krönung Mariens). Die  drei  Altäre  der  Auer  Pfarrkirche  stammen  aus verschiedenen Jahrhunderten. Besonderes Interesse gilt dem linken Seitenaltar. Er ist zur Gänze aus Stein und zugleich der älteste erhaltene Altar der Kirche:  Der  heiligsten  Dreifaltigkeit  und  glorwürdigsten

Jungfrau und Mutter Gottes Mariae, auch dem ganzen himmlischen Heer zu Lob und Ehr hat ein ,ehrsame gemein" in der Au diesen Altar aufrichten lassen im Jahr Christi 1652.

Der schwarze Stein wurde unter der Leitung des gebürtigen Auers Hans Natter, Bildhauer in Überlingen, bearbeitet. Aus der Zeit der Aufstellung des Altares hat sich auch das

Auszugsbild, die Enthauptung der HI. Katharina, erhalten, dass von Landammann Johann Waldner I. gestiftet wurde. Dieser war ein wohlhabender Mann und tritt auch auf der Schnepfegg (Tafelbilder) und in der Pfarrkirche Bizau als Stifter auf. (vgl. Die Wälderrepublik") Das große Altarblatt zeigt die Rosenkranzkönigin mit den HI1.

Dominikus und Katharina und ist ein Werk des Bizauer Malers und Restaurators Josef Reich (1925).
Das Retabel des rechten Seitenaltars stammt aus dem 18. Jahrhundert. Vom barocken Figurenschmuck sind aber nur noch die Reliefs seitlich des Predellenfeldes vorhanden. Die

Figuren stammen aus dem 19. Jahrhundert und sind Tiroler Herkunft: im Auszug St. Martin flankiert von St. Wolfgang und St. Augustin. Anstelle des ehemaligen Altarblattes ist nun die Relief Gruppe ,Tod des HI. Josef"  von  Dominikus Trenkwalder (1885) eingesetzt.


Auch der Hochaltar ist ein Werk des 19. Jahrhunderts. Er wurde im Neorenaissancestil  errichtet:  im Zentrum die Kreuzigungsgruppe, seitlich davon in Bogenöffnungen die

Patrone der Kirche, der H1. Leonhard und die H1. Katharina. In der Ädikula ist eine Gottvaterfigur zusehen, in der Predella das Herz Mariae und Herz Jesu, historistische Arbeiten der Gebrüder Bertle aus Schruns.

Der Altartisch birgt die sterblichen Überreste des 'Märtyrers Piusÿ ursprünglich begraben in den Katakomben der H1. Cyriaca in Rom. Damit ein hl. Leib sich auch in Au befinde,

bemühte der Baumeister Ferdinand Beer den Prälaten des Klosters St. Gallen, der diese Reliquie schließlich erwirkte. Sie wurde 1782 in Au eingesetzt.

Der Volksaltar und Ambo (1982/84), in dunkelgrauem und weißem Stein gearbeitet, stammen vom Bildhauer Prof. Herbert Albrecht aus Wolfurt, der ein gebürtiger Auer ist.

Der Volksaltar zeigt die vier Evangelistensymbole, der Ambo einen Männerkopf mit einem Messer im Mund, der als Anspielung auf die Schärfe des Wortes zu verstehen ist.

Von außerordentlicher Qualität ist die Kanzel, die stilistisch noch in der Tradition der Renaissance zu sehen ist und mit dem benachbarten Altar ein stimmiges Ensemble bildet.

Sie wurde vom Tiroler Holzbildhauer Michael Lechleitner begonnen, und nach dessen Tod (1669) durch seinen Sohn Melchior fertig gestellt.  Die heutige  Fassung  erhielt sie allerdings erst wesentlich später. Zunächst blieb sie für rund hundert Jahre naturbelassen.

Zur Kanzel und dem linken Seitenaltar fügt sich sehr gut der sechseckige Taufstein aus schwarzem Marmor. Er dürfte etwa um die Mitte des 17. Jahrhunderts entstanden sein und ist ein gutes Beispiel für die Leistungskraft der damaligen Auer Steinmetzen.

Von den restlichen Kirchengegenständen sind es vor allem die Schreiner- und Schnitzarbeiten Gebhard Moosbruggers aus Schoppernau, die ins Auge stechen. Außer den Relieffiguren

auf den Flügeln des Hauptportals, die die Kirclaenpatrone darstellenÿ stammt von seiner Hand das Chorgestühl, das er um 1910 im Neorenaissancestil schuf.

Die erste Auer Orgel baute der berühmte Joseph Bergöntzle aus Ammerschwir im Elsas  1797/99. Sie wurde leider wiederholt umgebaut. Das  Gehäuse  von  1893  gleicht  einem  siebenachsigen historistischen Bau mit Rundbogenöffnungen, Pilastern und anderen Zierelementen. Das Werk hat 17 Register, 2 Manuale und 1 Pedal.


Taste 6